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Nr. Datum der Silencing Institution Verstummte Person / Organisation
28.11.2023 Stadt Bochum, Jury of Peter Weiss Preis 23-11-28_Sharon Dodua Otoo
Summary:

Die Stadt Bochum entzieht der Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo den Peter-Weiss-Preis wegen angeblicher BDS Unterstützung

Am 28. November 2023 entzog die Stadt Bochum der deutsch-britischen Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo den Peter-Weiss-Preis, nachdem Mitglieder der Jury von ihrer angeblichen Unterstützung für BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) erfuhren.

Nach der Nominierung durch die Stadt Bochum am 10. November sollte Otoo den mit 15.000 € dotierten Literaturpreis im März 2024 erhalten. Nachdem der Blog Ruhrbarone am 27. November einen Beitrag veröffentlichte, in dem Otoo Antisemitismus vorgeworfen wurde, weil sie 2015 eine Petition der Initiative Artists for Palestine UK unterzeichnet hatte, kündigte die Jury jedoch an, den Preis aufzuheben. In dieser Petition verpflichteten sich die Künstler:innen „weder professionelle Einladungen nach Israel anzunehmen, noch Finanzmittel von Institutionen zu erhalten, die mit der israelischen Regierung verbunden sind, bis diese das Völkerrecht und die universellen Grundsätze der Menschenrechte einhält.” Der Blog prangerte die Initiative als mit der BDS-Bewegung verbunden und daher antisemitisch an. BDS ist eine transnationale Kampagne, die zum Boykott des Staates Israel und israelischer Produkte aufgrund der Besetzung und Unterdrückung von Palästinenser:innen aufruft. In Deutschland wurde im Mai 2019 ein Bundestagsbeschluss verabschiedet, in der ihre Argumente und Methoden als antisemitisch verurteilt werden. Die nicht rechtskräftige Resolution wurde vielfach dafür kritisiert, dass er pro-palästinensische Interessenvertretungen und Bewegungen stigmatisiert.

Einen Tag nach der Ankündigung distanzierte sich Otoo in einer offiziellen Erklärung von der Petition. „Um die Wahrheit zu finden, muss man diskutieren. Kunst und Kultur spielen dabei eine besondere Rolle. Wir müssen dabei Platz für Dissens haben, um gemeinsam um Verständigung zu ringen. Deshalb bin ich dankbar, wenn ich auf meine Fehler hingewiesen werde. [...] Ich würde einen solchen Aufruf heute nicht mehr unterzeichnen [...] und bemühe mich mit anwaltlicher Unterstützung meinen Namen von der Liste zu entfernen.” Sie schrieb auch, dass sie den Preis auf keinen Fall annehmen werde: „Ich möchte weder die Jury, noch die Stadt Bochum noch den Namen von Peter Weiss mit den Vorwürfen gegen mich und die ausgelöste Debatte in Verbindung wissen.” Sie schlug vor, den Preis für dieses Jahr auszusetzen und das Preisgeld an eine gemeinnützige Initiative wie die Gesellschaft im Wandel zu spenden, die den Dialog über den Nahostkonflikt an deutschen Schulen fördert. Dieser Vorschlag wurde von der Jury angenommen.

Place of Silencing: Bochum
Type of Institution: Politics & State
Institution: Stadt Bochum, Jury of Peter Weiss Preis
Identity of Silenced Person: BIPoC