Crowdsourced-Archiv, das die zum Schweigen gebrachten Stimmen in Deutschland dokumentiert.
Nr. Datum der Silencing Institution Verstummte Person / Organisation
24.10.2023 Germany's Federal Agency for Civic Education 23-10-24_Candice Breitz & Michael Rothberg
Summary:

Bundeszentrale für politische Bildung sagt We Still Need to Talk – ein Symposium zu deutscher Erinnerungskultur von Candice Breitz und Michael Rothberg ab

Am 24. Oktober 2023 gab die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) die Absage des ursprünglich für den 8. bis 10. Dezember in Berlin geplanten Symposiums We Still Need to Talk bekannt. Auf Einladung der bpb hatten die jüdisch-südafrikanische Künstlerin Candice Breitz und der jüdisch-amerikanische Holocaustforscher Michael Rothberg, Autor von Multidirektionale Erinnerung, fast ein Jahr lang auf das Symposium hingearbeitet.

In einer inzwischen gelöschten Online-Ankündigung der bpb wurde das Symposium wie folgt beschrieben: „Als Beitrag zu dieser Diskussion wird We Still Need to Talk zum Nachdenken über die miteinander verwobenen Geschichten verschiedener Opfer des Nationalsozialismus anregen, die Beziehung zwischen dieser Gewalt und anderen traumatischen Geschichten Deutschlands untersuchen, die Ethik und Ästhetik des Umgangs mit dem Leiden anderer ergründen und versuchen, die Beziehung zwischen Antisemitismus und anderen verbreiteten Formen des Hasses angesichts der zunehmenden Normalisierung rechter Ideologie im politischen Diskurs in Deutschland und darüber hinaus besser zu verstehen.“ Auf dem Programm standen 40 internationale Vortragende mit unterschiedlichem Hintergrund, darunter Kunst, Wissenschaft, Journalismus und Aktivismus.

Der Titel des Symposiums bezog sich auf We Need to Talk, eine Veranstaltungsreihe, die sich mit der Rolle der Kunst und der künstlerischen Freiheit angesichts des zunehmenden Antisemitismus, Rassismus und der Islamophobie befassen sollte. Die Reihe, die im Rahmen der Documenta 15 geplant war, wurde im Mai 2022 kontrovers abgesagt.

We Still Need to Talk sollte zunächst Anfang 2023 von der Berliner Akademie der Künste durchgeführt werden, bevor der Senat der Akademie unter Leitung von Jeanine Meerapfel im Dezember 2022 sein Veto einlegte und die bpb als neuer institutioneller Partner einsprang. In einer Erklärung zur zweiten Absage desselben Symposiums zitierte die bpb die Ereignisse vom 7. Oktober: "In der derzeitigen Situation sehen wir uns nicht in der Lage, diese Debatte konstruktiv zu führen und zu moderieren, um das angestrebte Bildungsziel in einer sachlichen und respektvollen Weise zu erreichen. Zu einem späteren Zeitpunkt stellen wir uns der Debatte erneut." In einem öffentlichen Brief, der kurz darauf verbreitet wurde, stellten Breitz und Rothberg fest: „Es ist eine bittere Ironie, dass unsere Vortragenden daran gehindert wurden, in einer Zeit schrecklicher Gewalt in Palästina und Israel sowie angesichts einer damit zusammenhängenden und eskalierenden Krise des öffentlichen Raums in Deutschland selbst einen öffentlichen Dialog zu führen.“

Als Reaktion auf die Welle von Absagen und die anhaltenden Bombardierungen des Gazastreifens organisierten Breitz und eine Gruppe jüdischer Kulturschaffender am 10. November in Berlin eine Demonstration unter dem Titel We Still Still Still Still Need to Talk. Rund 2000 Menschen versammelten sich ohne Nationalflaggen und forderten einen sofortigen Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln.

Am 24. November 2023 sagte das Saarlandmuseum eine Ausstellung mit Werken von Breitz ab, weil es die Kritik der Künstlerin an den zivilen Todesopfern in Gaza ablehnte. Die Entscheidung des Museums basierte auf verleumderischen Berichten der deutschen Presse.

Place of Silencing: Berlin
Type of Institution: Politics & State
Institution: Germany's Federal Agency for Civic Education
Identity of Silenced Person: Jewish / Jewish heritage
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